Der Ausseer Handdruck

 

Das Handwerk der Handdruckerei auf Stoffen („Zeug“) blickt in unserem Kulturraum auf eine rund 1000-jährige Geschichte zurück. Der Ausseer Handdruck steht zwar in keinem direkten Zusammenhang mit den alten Techniken des Zeugdrucks, doch sind der Drucktisch und die klassischen Werkzeuge wie z.B. Streichbürste und Streichbrett heute noch in Gebrauch. Vor allem die alten Handdruck-Model aus widerstandsfähigen Hölzern mit oder ohne Messingstiften und Messingstreifen machen dieses traditionelle Druckverfahren zu einem ganz besonderen Handwerk.

 

Der Beginn des Ausseer Handdrucks

Seine Entstehung in den 1930er Jahren des vorigen Jahrhunderts ist ein Stück Zeitgeschichte:
Anna Mautner, die Witwe des berühmten Trachten- und Volksmusikforschers jüdischer Herkunft, Conrad David Mautner, meldete 1935 in Grundlsee und 1937 in Wien das freie Gewerbe für eine Handdruckerei auf Stoffen an. Die schönen Buntdrucke auf Seide wurden unter dem Markennamen „Grundlseer Handdruck“ im In- und Ausland erfolgreich vermarktet. Neu entwickelte, chemisch hergestellte Farben und die ausgefeilte Gestaltung verliehen dem Mautnerschen Buntdruck, einem Positivdruck verschiedener Farben und Muster übereinander, ihre Einzigartigkeit.

 

Langjährige Familienfreunde wie der Maler und Papierdrucker Viktor Hammer und der Volkskundler Viktor von Geramb erwiesen sich als kreative Impulsgeber für die Arbeit Anna Mautners. Die Druckmodeln stammten aus einer aufgelassenen Druckerei in der Südsteiermark. Ihre Anzahl wurde durch Modeln musealer Herkunft laufend vergrößert.

 

Dunkle Zeiten

1938 wurde das gesamte Wiener und Grundlseer Inventar der Familie Mautner von der Gestapo beschlagnahmt. Anna Mautner flüchtete mit ihren Kindern und gelangte 1941 in die USA. Ihre Handdruck-Firma wurde zur Arisierung ausgeschrieben. Der amtierende Ausseer Bürgermeister Hanns Wöll bewarb sich und erhielt im Oktober 1938 den Zuschlag. Im „Kaufvertrag“ schienen neben dem Druckereiinventar 300 Model auf. Obwohl Wöll keine fachliche Ausbildung besaß, eröffnete er in Bad Aussee in einem umgebauten Gasthaus einen Handdruckerei-Betrieb, der aber nie funktionierte und 1944 geschlossen wurde.

 

Rückkehr aus den USA und Neubeginn

1946 kehrte Anna Mautner an den Grundlsee zurück. Die Grundlseer Liegenschaften wurden mit dem nur mehr zum Teil vorhandenen Inventar an Anna Mautner zurückerstattet. Ebenso wurde das Inventar der Druckerei Hanns Wöll´s mit einem Teil der Model zurückgestellt  - nach einem gerichtlichen Vergleich mit dem „Ariseur“ Wöll und unter Verzicht auf weitere Schadensersatzforderungen.

 

Anna Mautner nahm ihre Handdruckerei 1948 wieder auf, war damit aber nur mehr einige Jahre lang wirtschaftlich erfolgreich. Ein Jahr vor ihrem Tod im Jahr 1961 gelang es ihr unter Mithilfe Tobi Reisers, den Handwerksbetrieb an Mirzl Pressl (verheiratete Prisching), ihre einstige Mitarbeiterin und versierte Druckerin, zu übergeben. Mit traditioneller Arbeitsweise, neuen Farben und einzigartiger Qualität führte Mirzl Prisching den Mautnerschen Handdruck mit großem Erfolg bis 1987. Ihre Tochter Martina Reischauer übernahm 1995 den Betrieb.

 

Die alten Model kehren ins Ausseerland zurück

1971 eröffnete der Trachtengeschäftsinhaber und Sohn Hanns Wöll´s, Hellmut Wöll, die „Ausseer Handdruckerei“. Er begann mit Modeln aus dem Nachlass seines Vaters, erwarb aber auch neue. 2003 musste er seinen nach Niederösterreich übersiedelten und mittlerweile auf industrielle Fertigung umgestellten Betrieb schließen. Die Modelsammlung „Hellmut Wöll“ wurde durch Vermittlung Sepp Wachs, des ehemaligen Mitarbeiters Wölls und Mitbegründers des „Ausseer Handdrucks“, vom Verein „ARGE Ausseer Kammerhofmuseum“ für das Museum und somit für die Stadtgemeinde Bad Aussee gekauft. Alle im Kammerhofmuseum ausgestellten Model gehören dieser Sammlung an.

 

Damit kehrte auch ein Teil (?) der aus der Mautnerschen Sammlung stammenden Model ins Ausseerland zurück. Anna Mautner-Wolsey, die Erbin nach Anna Mautner, bestätigte in einem Brief an den Verein „ARGE Ausseer Kammerhofmuseum“, dass sie mit der Vorgangsweise des Vereins einverstanden sei.

 

Sepp Wach, seit 1973 Inhaber einen eigenen Handdruckerei, hat mit seiner Frau Marietta 2005 dankenswerterweise die Modelausstellung im Museum kuratiert.

 

Mittlerweile gibt es in Bad Aussee einige sehr erfolgreich arbeitende Stoff- Handdruckereien. Gemeinsam erhielten sie 2011 den Tobi Reiser-Preis.

 

Sieglinde Köberl
2021

 

(Quelle: Martin Pollner, Das Salz-Kammergut 2021; Archiv des Kammerhofmuseums)